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Fehlerteufel im Rathaus

Liebe Leserinnen und Leser meiner Seiten,

im Rathaus in Scheessel passieren ungewöhnliche, geradezu unglaubliche Dinge.

Auf der Ratssitzung am 9.2.2012 gab Roland Meyer (SPD) eine persönliche Erklärung ab, demzufolge er auf der konstituierenden Sitzung des neuen Rates am 10.11.2011 nach bestem Wissen und Gewissen gezählt habe und sich den Zählfehler nicht erklären könne.
Frau Mareile Cordes (CDU) erklärte, sie habe kein Problem. Es sei ein Fehler passiert, das könne vorkommen.
Herr Stefan Behrens (Gemeindeverwaltung) erklärte, er habe seine Aufgabe erfüllt und es für richtig gehalten, für Korrektur zu sorgen.

Was war passiert?

In der konstituierenden Sitzung am 10.11.2011 wurde der im September neu gewählte Rat konstituiert. Dazu gehörte, dass Personen für mehrere Ämter neu gewählt wurden. Dies geschah in geheimer Wahl. Alle Ratsmitglieder traten ans Pult und kreuzten auf vorbereiteten Wahlzetteln den Kandidaten ihrer Wahl an. Anschließend wurde ausgezählt, das Ergebnis wurde sofort bekannt gegeben.

Von der Gemeindeverwaltung gab Frau Christine Meyer die Wahlzettel an den jeweils Wählenden aus. Zu denjenigen, die die Stimmen auszählten, wurden Frau Mareile Cordes (CDU) und Herr Roland Meyer (SPD) ernannt.

Folgende Positionen wurden gewählt:
-- der Ratsvorsitzende und sein Stellvertreter
-- 3 stellvertretende Bürgermeister

Von den 30 Ratsherren waren zu diesem Zeitpunkt nur 29 anwesend. Mit der Stimme der Bürgermeisterin waren also 30 Stimmen zu vergeben, ein Wahlzettel blieb unbenutzt.

Die in der Sitzung ermittelten Abstimmungesergebnisse lauteten in dieser Reihenfolge:
a) Ratsvorsitzender Wolfgang Kirschstein (SPD) gegen Ernst Behrens (CDU) 18:12
b) stellv. Ratsvors. Ernst Behrens (CDU) mit 29 JA-Stimmen und 1 Enthaltung
c) 1. stellv. Bürgermeister Detlev Kaldinski (SPD) gegen Wolfgang Bassen (CDU) 18:12
d) 2. stellv. Bügermeisterin Gabriela Villwock (Grüne) gegen Renate Bassen (CDU) 18:12
e) 3. stellv. Bürgermeisterin Renate Bassen (CDU) gegen Carsten Gehse (Gruppe 57) 16:11 bei 2 ungültigen Stimmen und einer Enthaltung.

Nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse a), c) und d) kommt bei den Ratsherren Getuschel auf. Die CDU hat mit Bürgermeisterin Dittmer-Scheele 13 Stimmen, die anderen Parteien zusammen 17 Stimmen. Es musste also ein CDU-Mitglied gegen die CDU-Kandidaten gestimmt haben.

Wer am nächsten Tag, Fr. den 11.11.2011, ab 12:03 Uhr die Homepage der Gemeinde aufruft, liest dort unter dem Titel "Zahlenteufel zu Gast in der Ratssitzung", dass die beiden Zählenden, Frau Cordes und Herr Meyer, sich verzählt hätten. Und zwar gleich 3 Mal. Und zwar bei den Wahlen a), c) und d). Sie haben sich jedes Mal genau um 1 verzählt, und zwar jedes Mal so, dass eine CDU-Stimme der Gegenseite zugeschlagen wurde. 3 Mal muss es statt 18:12 richtig 17:13 heißen.

Wie kam es zu diesem Ergebnis?

Herr Stefan Behrens von der Verwaltung hat nach seinen Worten das Zählergebnis überprüft, die Fehler festgestellt und die Bürgermeisterin informiert. Danach wurden Frau Cordes und Herr Meyer aus umliegenden Kneipen geholt. Ihnen wurden (die) 30 Wahlzettel vorgelegt, damit sie sich überzeugen konnten, es müsse 17:13 heißen.

Anmerkung des Autors:

Auf meine Frage an Herrn Meyer, ob sie sich denn den 31., den unbenutzten Wahlzettel, auch haben vorlegen lassen, meinte er: Nein, daran haben wir nicht gedacht. Das war ein Fehler.

Was bleibt?

Wer sich etwas mit Wahrscheinlichkeitsrechnung auskennt, weiß, dass es diesen Fehler geben kann, dass aber die Wahrscheinlichkeit für diese Kombination von Fehlern so gering ist, dass sie jeder Lebenserfahrung widerspricht.
Damit bleiben folgende Verdachtsmomente im Raum stehen:

Hat der Zählende Herr Meyer sich bewusst zu Ungunsten der CDU "verzählt"?
Dann bleibt die Frage, warum Frau Cordes dies nicht gemerkt hat. Sie hat das Ergebnis doch überprüft.

Oder wurde der freie Wahlzettel verwendet, ein Kreuz nachträglich "richtig" gesetzt und der "falsche" Wahlzettel vernichtet?

Jeder Leser möge sich auf der Basis seiner Kenntnis der politischen Situation und der Verhaltensweisen der Beteiligten sein Urteil selbst bilden.


Ernst Friesecke, 11.02.2012


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